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Viel Diskussionsstoff: Gasbohrungen bei Borkum genehmigt
Wird gebohrt oder nicht? Niedersachsen hat einem Energiekonzern aus den Niederlanden nun die Genehmigung erteilt, Erdgas vor der Nordseeinsel Borkum zu fördern. Das letzte Wort ist damit aber noch nicht gesprochen.
Grünes Licht, aber noch ist nichts endgültig
Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover hat dem Konzern ONE-Dyas erlaubt, Bohrungen in der Nordsee vorzunehmen, die unter dem Meeresboden auch in deutsches Gebiet reichen. Die Genehmigung gilt zunächst für die Dauer von 18 Jahren. Wie das LBEG mitteilt, sei vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium grünes Licht gegeben worden, nachdem dieses den Sachverhalt geprüft hatte.
Die Erlaubnis ist an Bedingungen geknüpft. Die Förderung soll vorzeitig enden, wenn sich abzeichnet, dass durch die in Deutschland angestrebte Energiewende kein Erdgas mehr als Energieträger gebraucht wird. Solange allerdings noch der Bedarf bestehe, sei das „aus heimischen Lagerstätten geförderte Erdgas erheblich weniger klimaschädlich als das importierte“, kommentiert LBEG-Präsident Carsten Mühlenmeier die Entscheidung. Als verbindlich ist diese jedoch noch nicht zu betrachten.
Bevor die Bohrungen tatsächlich beginnen, muss noch ein Abkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden geschlossen werden. Das ist nötig, da die Gasförderung auf den Hoheitsgebieten beider Länder stattfinden soll. Die Gespräche dazu haben 2022 begonnen und laufen nach Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums nach wie vor. Ein Sprecher wollte jedoch noch keinen Termin für einen möglichen Abschluss der Verhandlungen nennen.
Kritische Stimmen von verschiedenen Seiten
Doch nicht nur wegen der Verhandlungen ist der Start ungewiss. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte schon im vergangenen Jahr an, gerichtlich gegen das Vorhaben vorzugehen, sollte es genehmigt werden. Mehrere Umweltschutzverbände sowie viele Insulaner stehen dem Projekt ebenfalls kritisch gegenüber. Sie sehen unter anderem das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer gefährdet, das wegen zu viel Industrialisierung seinen Status verlieren könnte.
Bernd Meyerer, Sprecher der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland, beschreibt die potenziellen Folgen für die Insulaner: „Die Insel- und Häuserfundamente sowie die Trinkwasserlinse sind durch Erdbeben und Bodenabsenkungen stark gefährdet.“ Der parteilose Borkumer Bürgermeister Jürgen Akkermann bezeichnete die Entscheidung des LBEG als „sehr enttäuschend“.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht die Gasbohrungen vor der Nordseeinsel ebenfalls kritisch. Um die Energieversorgung in Deutschland zu sichern, sei das Projekt „nicht nötig“, stellte er im Gespräch mit dem „Spiegel“ klar. Habeck weist zudem auf die drohenden Klagen hin. Die Bundesregierung wolle zunächst die relevanten Gerichtsurteile abwarten, bevor sie eine Entscheidung für oder gegen das Vorhaben treffe.
Beginn ist in Kürze geplant
Der Konzern ONE-Dyas möchte noch in diesem Jahr mit der Förderung von Erdgas beginnen. Neben dem Bau einer Förderplattform ist auch der vorübergehende Einsatz einer mobilen Plattform vorgesehen. Da die Plattform noch eine Anbindung benötigt, werden im Herbst ein 8 Kilometer langes Stromkabel und eine 15 Kilometer lange Gaspipeline unter Wasser verlegt.
Später sollen die Bohrungen in einer Tiefe von 1,5 bis 3,5 Kilometern stattfinden. Erwartet wird, dass über die gesamte Dauer hinweg eine Menge von 4,5 bis 13 Milliarden Kubikmetern Erdgas gefördert wird. Um die Zahlen besser einordnen zu können: Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland etwa 81 Milliarden Kubikmeter verbraucht. Insgesamt wäre der Anteil der Plattform jedoch eher überschaubar – die Diskussionen jedoch umso größer.