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Milder Winter stellt Gasversorger vor Herausforderung
Die Energiekrise hatte die Gaspreise in die Höhe getrieben. Versorger waren dazu veranlasst, den Rohstoff zu hohen Preisen einzukaufen. Doch jetzt geraten insbesondere lokale Anbieter in finanzielle Schwierigkeiten: Wegen des milden Winters blieb die große Nachfrage aus und die Unternehmen fahren täglich Verluste ein – das geht aber nicht allen so.
Teuer eingekauftes Gas ist inzwischen weniger als die Hälfte wert
„Wenn der liebe Gott nett ist, wird’s jetzt noch mal richtig kalt“ – dieses Zitat ließ kürzlich der Geschäftsführer eines kommunalen Versorgungsunternehmen gegenüber dem „Handelsblatt“ fallen. Mittlerweile ist dieser Satz vielfach in anderen Medien geteilt worden. Doch mit jedem weiteren Tag in Richtung Frühling schwindet diese Hoffnung mehr. Und gleichzeitig werden die Sorgenfalten bei den Verantwortlichen vieler Anbieter tiefer.
Der Hintergrund: In Zeiten der Energiekrise mussten die Versorger Gas zu hohen Preisen einkaufen. Der Bedarf an diesem Gas war jedoch deutlich geringer als erwartet, was vornehmlich an den milden Temperaturen im Winter liegt. Die niedrige Nachfrage hat zur Folge, dass Energieunternehmen auf den Gasvorräten sitzen bleiben, die sie zuvor zu hohen Preisen einkaufen mussten. Aus der Branche heißt es, dass jeder milde Wintertag schwere finanzielle Verluste verursacht. Nach Aussagen von Experten und Beratern aus dem Energiesektor handelt es sich dabei um Einbußen in Millionenhöhe.
Zusätzlich erschwert die Situation, dass die Gaspreise wieder entscheidend gesunken sind. Lagen sie beispielsweise im November noch bei 55 Euro pro Megawattstunde, so sind es mittlerweile nur rund 25 Euro. Stadtwerke und andere lokale Versorger haben das Gas erst zu Vorwinterpreisen eingekauft und können es jetzt nur noch zu einem Bruchteil wieder veräußern.
Die Vorteile der großen Konzerne
Warum das überschüssige Gas nicht einfach lagern und zu einem späteren Zeitpunkt verkaufen? So leicht ist das aus Sicht von Stadtwerken und anderen lokalen Versorgern nicht. Diesen Unternehmen fehlen die Speicherkapazitäten dafür. Grundsätzlich haben sie auch das Problem, dass sie die Gasnachfrage im Vorfeld nur schwer einschätzen können. Bei niedriger Nachfrage müssen sie den Überschuss verkaufen oder fehlende Gasmengen hinzukaufen, wenn der Bedarf hoch ist. Die Energiewende und der Klimawandel erschweren die genaue Bedarfsplanung.
Für große Konzerne gestaltet sich die Situation ganz anders. Sie haben Rekordergebnisse eingefahren. Das liegt vor allem daran, weil sie über Speicherkapazitäten verfügen, sodass Verkäufe zum wirtschaftlich günstigsten Zeitpunkt möglich sind. Gasimporteur Uniper, 2022 noch vom Staat vor der Pleite gerettet, fuhr 2023 die besten Geschäftszahlen in der Unternehmensgeschichte ein. Auch Energieriese EON erzielte hohe Gewinne.
Lokale Energieversorger benötigen neue Strategien
Im Laufe der Zeit hat sich auch das Kundenverhalten geändert. Verbraucher neigen dazu, Preise früher zu vergleichen und häufiger den Anbieter zu wechseln. Lokale Energieversorger müssen diesen Herausforderungen begegnen – etwa, indem sie ihre Beschaffungsstrategien und ihre Prognosemodelle anpassen. Experten raten unter anderem zum Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), um den Bedarf zu analysieren.
Im Gespräch sind auch Versicherungen, welche die Stadtwerke und andere lokale Versorger vor hohen Verlusten schützen. Wirtschaftlich sinnvoll erweist sich das jedoch nur bei sehr hohen Einbußen. Bislang sind diese Unternehmen darauf angewiesen, höhere Rücklagen zu bilden und Finanzreserven anzulegen. Reicht das Geld nicht aus, müssen sie Kredite aufnehmen oder die Kunden über höhere Netzentgelte zur Kasse bitten.