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Gasversorgung: Die Speicher in der EU leeren sich schneller als erwartet
In den letzten Wochen war die allgemeine Stimmung in Bezug auf die kommende Heizperiode und die Gasversorgung positiv. Für die Verbraucher in Deutschland und in der gesamten EU bestand kein Grund zur Beunruhigung. Doch mittlerweile hat sich die Lage verändert.
Steigende Nachfrage nach Erdgas
Für die Wärmeversorgung in privaten Haushalten ist Erdgas weiterhin eine der wichtigsten Energiequellen. Etwa die Hälfte der Wohnungen und Einfamilienhäuser in Deutschland wird nach wie vor mit Gas beheizt. Steigende Gaspreise können jedoch für viele Verbraucher spürbare Folgen haben – und genau das zeichnet sich gerade ab.
Der Preis für Erdgas auf den Terminmärkten hat in jüngerer Vergangenheit deutlich angezogen, was sich auch auf die Haushaltskosten auswirken wird. Ende November erreichte der Preis für eine Megawattstunde Erdgas fast 49 Euro – ein Anstieg von rund 40 Prozent. Dies ist das höchste Niveau seit mehr als einem Jahr.
Hauptursachen für diesen Preisanstieg sind das kalte Wetter in vielen Teilen Europas und der damit verbundene zunehmende Heizbedarf sowie die wachsende Sorge vor möglichen Versorgungsunterbrechungen, wie „Agrarheute“ berichtet. Hinzu kommen die zuletzt niedrigen Windgeschwindigkeiten in Nordeuropa, die zu einem Rückgang der Windstromproduktion geführt und die Nachfrage nach Gas weiter angeschoben haben.
Aktuelle Lage: Stabil, aber mit Vorsicht zu genießen
Die Gasspeicher in der EU entleeren sich schneller als ursprünglich erwartet. Laut Daten von Gas Infrastructure Europe (GIE) ist der Rückgang des Speicherstandes in den letzten Wochen so schnell vorangeschritten wie zuletzt 2016. Vom 1. Oktober bis zum 2. Dezember war der Verbrauch so hoch wie seit 8 Jahren nicht mehr.
Trotzdem gibt es derzeit kein unmittelbares Risiko eines Versorgungsengpasses, wie eine Sprecherin der Bundesnetzagentur der „Berliner Zeitung“ versichert. „Wir schätzen die Gefahr einer angespannten Gasversorgung momentan als gering ein“, so die Aussage. Der Füllstand der deutschen Speicher liegt aktuell noch bei über 90 Prozent.
Niemand vermag sicher vorherzusagen, wie der Winter in Europa verlaufen wird. Es könnte also durchaus zu Engpässen kommen, auch wenn die Versorgungslage in Deutschland derzeit noch als stabil gilt. Die Bundesnetzagentur rät daher weiterhin zu einem sparsamen Gasverbrauch.
Die EU-Speicher: Vorsicht ist geboten
Ein Blick auf die Situation innerhalb der EU zeigt, dass dieser Hinweis keinesfalls unbegründet ist. Im November lag der Speicherstand in der EU bei rund 88 Prozent – etwa 10 Prozent weniger als im Vorjahr. Barbara Lambrecht, Analystin bei der Commerzbank, warnt, dass bei Kälteeinbrüchen die Speicherstände schneller sinken könnten als in den milderen Wintern der letzten Jahre.
Sadnan Ali, Gasanalyst bei HSBC, prognostiziert, dass der Speicherstand am Ende der Heizperiode bei nur noch 42 Prozent liegt. UBS-Expertin Nayoung Kim schätzt die Lage ähnlich ein: Sie geht von einem Füllstand von 40 Prozent aus. Diese Zahlen bewegen sich deutlich unter den 60 Prozent, mit denen der letzte Winter abgeschlossen wurde. Eine der möglichen Folgen könnten erhebliche Preisanstiege sein.