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Gaspreise sind trotz aller Umstände deutlich gesunken
Obwohl die Bedingungen angesichts geopolitischer Spannungen und Angriffe auf LNG-Tanker im Roten Meer alles andere als optimal sind, sinkt der europäische Erdgaspreis und erreicht ein neues Tief.
Erdgas so günstig wie lange nicht
Anfang dieser Woche rutschte der Gaspreis erstmals seit knapp 5 Monaten wieder unter 30 Euro pro Megawattstunde (MWh). Im Vergleich zu 2023 ist er damit um mehr als 40 Prozent gefallen. Vor ziemlich genau einem Jahr lag er noch bei über 60 Euro. Als 2022 der Krieg Russlands gegen die Ukraine begann, sprang er zeitweise sogar auf über 300 Euro.
Gründe für diese aus Verbrauchersicht erfreuliche Entwicklung gibt es mehrere. Einer davon sind die gut gefüllten Gasspeicher. Schon Anfang November konnte Deutschland vermelden, dass der Füllstand 100 Prozent erreicht hat. Nach aktuellen Angaben der Bundesnetzagentur sind die Gasspeicher noch immer zu rund 83 Prozent gefüllt und bewegen sich damit auf einem verhältnismäßig hohen Niveau für die kalte Jahreszeit.
Norwegen ist inzwischen wichtigster Partner
Der Füllstand der Gasspeicher ist aber nur ein Faktor, der zum gesunkenen Preis beiträgt. Deutschland und vielen weiteren EU-Mitgliedsstaaten ist es gelungen, Gas aus Russland durch andere Lieferanten zu ersetzen. Vor Kriegsbeginn in der Ukraine hatte Russland den größten Teil der Gaslieferungen in die Bundesrepublik ausgemacht.
Mittlerweile stammt die überwiegende Menge des nach Deutschland importierten Gases aus Norwegen. Im Jahr 2023 kamen rund 43 Prozent der Importe aus dem skandinavischen Land. Die Niederlande steuerten 26 Prozent bei und Belgien 22 Prozent. Dank dieser Konstellation kann eine bessere Preisstabilität gewährleistet werden als in der Vergangenheit.
Angriffe im Roten Meer auf LNG-Tanker
Dennoch bringen unvorhergesehene Ereignisse den Gaspreis mitunter ins Wanken. Das ließ sich beispielsweise im Oktober 2023 in Folge des Kriegs im Nahen Osten beobachten. Zeitweise war der Preis wieder auf über 50 Euro gestiegen. Besonders die andauernden Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer könnten künftig zu Problemen bei der Gasversorgung führen, da dort auch Tanker aus Katar mit LNG-Flüssiggas auf dem Weg nach Europa sind.
Erst vor einigen Tagen kam es zu einem solchen Vorfall. Die Tanker aus Katar waren dazu gezwungen, an der Küste Omans Halt zu machen, um nicht unter Beschuss zu geraten. Die Nachrichtenagentur Reuters vermeldet inzwischen, dass sie ihre Route fortgesetzt haben. Die geplanten Ankunftstermine in Europa verzögern sich dadurch aller Wahrscheinlichkeit nach. Trotzdem spiegeln sich diese Ereignisse bislang nicht in höheren Preisen an den Märkten wider. Das ist insbesondere auf die gut gefüllten Speicher zurückzuführen.
Flüssigerdgas gewinnt zunehmend an Bedeutung
Das angesprochene Flüssiggas spielt eine immer größere Rolle bei den Gasimporten. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 7 Prozent der gesamten deutschen Gasimporte als LNG geliefert. Mittlerweile sind hierzulande mit den Flüssiggasterminals in Wilhelmshafen, Stade, Brunsbüttel und Lubmin vier Anlagen in deutschen Häfen aktiv.
Während LNG als wichtige Diversifizierungsmaßnahme angesehen wird, gibt es Widerstand gegen ein geplantes fünftes Terminal im Hafen von Mukran auf Rügen. Dort ist vorgesehen, ein Spezialschiff im Industriehafen zu stationieren, welches das mit Tankern angelieferte Flüssigerdgas wieder in Gas umwandelt und über eine 50 Kilometer lange Unterwasserleitung von Rügen nach Lubmin liefert. Von dort soll es anschließend ins deutsche Netz eingespeist werden. Umweltschützer halten diese Anlage für unnötig. Kritiker verweisen zudem darauf, dass die bestehenden Lieferwege über Pipelines und bereits existierende Terminals an der Nordsee ausreichen, um den Gasbedarf in Deutschland zu decken.