Magazin
Gaspreis erreicht höchsten Stand seit 2 Jahren
In den zurückliegenden Monaten ist der Preis für Gas in Europa so stark gestiegen wie seit Januar 2023 nicht mehr. Durch kühle Temperaturen und sinkende Gasspeicherstände haben sich die Marktbedingungen deutlich verschärft. Jetzt befürchten einige Experten, dass die Speicherziele 2025 nicht erfüllt werden. Was sind die Ursachen für die Preisexplosion und welche Auswirkungen auf die EU sind zu erwarten?
Speicher entleeren sich schneller als erwartet
Der europäische Gasmarkt erlebt momentan turbulente Zeiten. In den letzten 3 Monaten ist der Preis für Erdgas um rund 30 Prozent gestiegen, nachdem sich die Speicher schneller als erwartet geleert hatten. Aktuell beträgt der Füllstand nur 51 Prozent. Das sind 18 Prozent weniger als zur gleichen Zeit im Vorjahr. In erster Linie haben die niedrigeren Temperaturen für einen Anstieg des Verbrauchs gesorgt. Experten warnen, dass diese Entwicklung zu einer Gefahr für die Versorgungssicherheit werden könnte, wenn der Füllstand bei einem weiteren Abbau der Speicherstände zum Ende des Winters nur noch bei rund 40 Prozent liegt.
Gasversorgung und Marktstrategien vor Herausforderungen
Ein weiteres Problem ergibt sich aus den ungewöhnlich hohen Preisen für die Gaslieferungen im Sommer. Sie liegen momentan etwa 5 Euro pro Megawattstunde über denen für den Winter. Anhand dieser Differenz wird deutlich, wie angespannt die Lage auf dem Gasmarkt ist. Für Händler erweist es sich somit als unrentabel, Gas für den kommenden Winter einzuspeichern. Infolgedessen sind in einigen EU-Staaten Diskussionen über eine Lockerung der vorgeschriebenen Gasspeicherziele angestoßen worden. Länder wie Deutschland, Italien und die Niederlande haben bereits erste Gespräche geführt, inwieweit die geltenden Regeln nach 2025 angepasst werden könnten.
Trotz dieser Überlegungen betont die EU-Kommission, dass die Speicherziele Bestand haben sollen. Auch der Energieexperte und „Bloomberg“-Journalist Javier Blas warnt davor, die Speicher nicht ausreichend aufzufüllen. Er weist darauf hin, dass Europa das Gasproblem in den vergangenen Jahren schon als gelöst ansah – einerseits durch glückliche Umstände wie milde Winter, andererseits durch den Rückgang der Industrieproduktion. Ein normaler Winter habe laut Blas nun ausgereicht, um die Fragilität des Gasmarktes sichtbar zu machen.
Verlust russischen Gases, Konkurrenz um LNG
Das nunmehr vollständige Ausbleiben russischer Gaslieferungen hat den Markt ebenfalls ins Wanken gebracht. Vor Kriegsbeginn im Februar 2022 war dieses Gas über Pipelines durch die Ukraine nach Europa gelangt. Mit Lieferungen russischen Gases wurden zuletzt immerhin noch 5 Prozent des europäischen Gasbedarfs abgedeckt. Seit der noch ungeklärten Sprengungen an der Pipeline Nord Stream 2 ist diese inaktiv und die Versorgung noch stärker eingeschränkt. Die EU hat die fehlenden Mengen durch Importe aus Norwegen und den USA ersetzt, aber gerade die Konkurrenz um Flüssiggas (LNG) ist so groß wie nie.
Viele asiatische Staaten zeigen ebenfalls eine erhöhte Nachfrage nach LNG-Lieferungen. Dies treibt den Preis automatisch nach oben. Europa ist damit einem höheren Preisdruck ausgesetzt. Anhand der aktuellen Entwicklungen wird deutlich, wie verwundbar Europa im Hinblick auf seine Gasversorgung geworden ist. Umso mehr kommt es der Meinung von Experten wie Blas auf die EU an, geeignete Maßnahmen zu treffen, um einer möglichen erneuten Energiekrise vorzubeugen.