Gaspreis erreicht bislang höchsten Stand des Jahres

Gaspreis erreicht bislang höchsten Stand des Jahres

Anfang Juni hatte der europäische Gaspreis seinen bisherigen Höchststand in 2024. Der Grund dafür liegt in Norwegen, ist jedoch nicht die einzige Ursache für die nervöse Reaktion des Marktes.

Sensible Reaktionen des europäischen Gasmarktes

Es ist ein enormes Auf und Ab, das der Gaspreis in Europa in den vergangenen Monaten verzeichnete. In schwindelerregende Höhen kletterte er kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs 2022. Zwischenzeitlich lag er bei über 300 Euro pro Megawattstunde. Im vergangenen Jahr waren Preise um 60 Euro oder mehr keine Seltenheit. Anfang Juni erreichte er den bisherigen Jahreshöchstwert für 2024 mit 39 Euro je Megawattstunde.

Angesichts früherer Werte mag das noch nicht beunruhigen. Allerdings lässt sich daran erkennen, wie sensibel der Markt noch immer reagiert, denn wenige Wochen zuvor bewegte sich der Preis im Bereich von 25 Euro. Das „Handelsblatt“ macht für den Sprung von immerhin 13 Prozent einen entscheidenden Grund aus: den Ausfall der norwegischen Erdgasverarbeitungsanlage Nyhamna. Ganze 30 Prozent der EU-Gasimporte stammen von dort.

Eine derart empfindliche Reaktion galt vor dem Konflikt in der Ukraine als unüblich – erst recht bei gut gefüllten Gasspeichern. Aktuell beträgt der Füllstand über 70 Prozent, was zu diesem Zeitpunkt des Jahres als überdurchschnittlich einzuordnen ist. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass in der Vergangenheit Russland den Großteil des Bedarfs in der EU deckte und Preisschwankungen wesentlich geringer ausfielen.

Noch keine Unabhängigkeit von Russland

Mittlerweile hat sich die Situation geändert und Europa löst sich zunehmend aus der Abhängigkeit von russischem Gas. Zu den wichtigsten Lieferanten gehören inzwischen neben Norwegen auch die USA. Ab 2026 kommt Katar hinzu. Mit dem Land aus dem Mittleren Osten wurde ein Vertrag ab 2026 geschlossen. Doch Russland ist noch nicht vollends von der Lieferantenliste gestrichen. Österreich bezieht beispielsweise rund 90 Prozent seines Gasbedarfs vom ukrainischen Kriegsgegner. EU-weit steuert Russland noch immer 16 Prozent der gesamten Gasmenge bei.

Das könnte sich in Zukunft aber ändern, da über einen generellen Lieferstopp diskutiert wird. In diesem Fall wäre jedoch mit noch höheren Gaspreisen zu rechnen. Diesen Schritt sieht unter anderem auch die Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen kritisch. Gegenüber dem „Handelsblatt“ erklärt sie, dass die EU das russische Gas nur teilweise durch andere Partnerschaften ersetzt habe.

Viele Gründe für Preisschwankungen

Derzeit sei die Sparsamkeit der Verbraucher ein Garant dafür, dass die Versorgung funktioniere. Dadurch falle der Bedarf niedriger aus, wodurch die geringere Liefermenge kompensiert werden könnte. Würde die momentan schwächelnde Wirtschaft einen Aufschwung erleben, hätte das eine steigende Nachfrage zur Folge. Ein Stopp russischer Gasimporte würde den Preis weiter steigen lassen.

Sensibel reagiert der Markt mittlerweile auch aus anderen Gründen. Ein nicht unwesentlicher Teil des Gasbedarfs wird in der EU inzwischen durch Flüssigerdgas (LNG) gedeckt. Das ist einerseits teurer als klassisches Erdgas und wird andererseits auf dem Seeweg geliefert. Dabei kann es immer wieder zu Störungen kommen. Zuletzt gab es mehrmals Angriffe von Huthi-Rebellen auf Frachter im Roten Meer. Obendrein ist das Interesse an Gas groß – besonders in Asien. Steigt dort die Nachfrage, führt auch das zu höheren Preisen.