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Gaskosten drohen in Zukunft zu explodieren
Noch heizen viele Deutsche mit Gas. Angesichts der sogenannten Wärmewende soll sich das in den kommenden Jahren aber ändern. Experten erwarten eine massive Steigerung der Gaspreise und rufen zum Handeln auf.
Gesetzliche Vorschriften als Kostenfalle?
Im vergangenen Jahr stellte die Bundesregierung die Weichen für die Zukunft der Wärmeversorgung in Deutschland. Dafür verabschiedete sie einerseits das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das umgangssprachlich auch als „Heizungsgesetz“ bekannt ist, und andererseits das Wärmeplanungsgesetz (WPG). Beide Gesetze sind eng miteinander verknüpft. Durch sie unterliegen Kommunen der Pflicht, je nach ihrer Größe bis 2026 oder 2028 ein klares Konzept zu entwickeln, wie sie die Wärmeversorgung vor Ort gestalten möchten. Das übergeordnete Ziel besteht darin, 2045 klimaneutral zu sein.
Weitere wichtige Regelungen beinhaltet das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), in dem die Rechte und Pflichten der Netzbetreiber festgehalten sind. Eine der Vorgaben lautet: Solange es Abnehmer gibt, müssen Betreiber von Gasnetzen die Versorgung sicherstellen. Verabschiedet wurde das Gesetz unter der Annahme, dass Erdgas dauerhaft als flächendeckender Energieträger genutzt wird. Dadurch droht mittelfristig eine Kostenfalle für Verbraucher und Versorger.
„Versechzehnfachung der Netzentgelte“ droht
Als fossiler Energieträger kann Erdgas die Anforderungen des Heizungsgesetzes und des Wärmeplanungsgesetzes künftig nicht erfüllen. Dafür wäre die Kombination mit einer klimafreundlicheren Lösung erforderlich – beispielsweise in Verbindung mit einer elektrischen Wärmepumpe oder einer solarthermischen Anlage. Perspektivisch wird dadurch die Zahl der Gaskunden in den kommenden Jahren rückläufig sein.
Gleichzeitig sind die Betreiber dazu angehalten, auch eine geringe Anzahl von Verbrauchern weiterhin zu versorgen, selbst wenn es für sie nicht mehr wirtschaftlich ist. In der Konsequenz drohen den Kunden höhere Netzentgelte. Die Denkfabrik „Agora“ prognostiziert, dass es in den 2040er-Jahren zu einer „Versechzehnfachung der Netzentgelte“ kommen könnte.
„Agora“ schlägt aus diesem Grund vor, eine neue rechtliche Grundlage zu schaffen. Damit soll es den Netzbetreibern möglich gemacht werden, ihre Gasnetze stillzulegen, auch wenn es noch einige wenige Abnehmer gibt. Laut Simon Müller, Deutschland-Direktor bei „Agora“, bestehe ein „Konsens darüber, dass der Gasverbrauch zurückgehen wird“, weshalb die Kommunen bereits jetzt damit beginnen sollten, die Stilllegung zu planen.
Vorschläge für neues Gesetz – Umsetzbarkeit ist fraglich
„Agora“ hat schon Ideen erarbeitet, wie ein entsprechendes Gesetz aussehen könnte. Kommunen sollen bei der Wärmeplanung mitentscheiden, an welchen Gasnetzen sie festhalten wollen, um diese beispielsweise auch zum Wasserstoffnetz umzuwandeln. Es ließe sich zudem ein „Kipppunkt“ festlegen – eine bestimmte Grenze, ab der es den Netzbetreibern gestattet ist, Verbrauchern zu kündigen, wobei sie ihnen dafür ausreichend Vorlauf gewähren müssen.
Weiter schlägt „Agora“ vor, es Netzbetreibern zu erlauben, ihre Investitionen bis zum Jahr 2045 abzuschreiben. Von einem Rückbau der Gasnetze rät die Organisation ab, da dies zu teuer und aufwendig sei – stattdessen wird einfach eine Stilllegung empfohlen. Durch die Stilllegung eingesparte Kosten sollen an die Verbraucher weitergegeben werden. Darüber hinaus ist es aus Sicht von „Agora“ wichtig, Gaskunden frühzeitig und transparent über die Umstiegsmöglichkeiten zu informieren. Gibt es Nutzer, die nicht wechseln können, fordert die Organisation für sie finanzielle Unterstützung beim Zahlen der Netzentgelte.
So leicht dürfte es jedoch nicht sein, diese Vorschläge in die Praxis umzusetzen. Der gesetzliche Rahmen müsste noch in der aktuellen Legislaturperiode beschlossen werden, um Kommunen, Netzbetreibern und Verbrauchern einen ausreichenden zeitlichen Puffer einzuräumen. Zudem ist nicht sicher, welche Pläne eine neue Regierung nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr hat. So lässt etwa ein aktuelles Papier der CDU durchblicken, dass die Partei eine andere Energiepolitik verfolgt, die das Gas-Ende um viele Jahre nach hinten verschieben würde.