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Deutschlands Bedarf an Erdgas wird stark zurückgehen
Welche Rolle wird Gas als Energieträger in der Zukunft noch spielen? Dieser Frage hat sich eine aktuelle Studie gewidmet und ein überraschendes Ergebnis hervorgebracht. Schon in 7 Jahren ist mit einer deutlichen Veränderung zu rechnen.
Bis 2050 könnte Gas seine Bedeutung verloren haben
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte und das Öko-Institut haben diese Studie gemeinsam durchgeführt. Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ berichtet über die Ergebnisse. Eine der Kernaussagen: Der Bedarf an Gas wird in Deutschland im Jahr 2030 um ein Drittel niedriger ausfallen als noch vor 2 Jahren. Und diese Entwicklung soll sich fortsetzen: Bis 2040 ist ein Rückgang um ein weiteres Drittel zu erwarten.
Die Bundesrepublik soll bis 2050 klimaneutral sein. Die Autoren der Studie schätzen, dass sich die Nachfrage dann auf lediglich 5 Prozent des ursprünglichen Bedarfs reduziert haben wird. Diese Prognosen decken sich mit Zahlen, die schon zuvor von Experten für die Europäische Union (EU) ermittelt wurden.
Wärmepumpen gewinnen kontinuierlich an Bedeutung
Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung sind die voraussichtlichen Veränderungen auf dem Heizungsmarkt. Wärmepumpen werden in Zukunft demnach an Bedeutung gewinnen und 2050 knapp die Hälfte der Nutzwärme in Deutschland generieren. Schon 2030 könnten laut der Studie 80 Prozent der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien abgedeckt werden. Zum Vergleich: 2022 waren es noch 44 Prozent.
Für den Industriesektor wird erwartet, dass auch dort ab 2050 praktisch kein Bedarf mehr an Erdgas besteht. Als Ersatz für die Wärmeerzeugung sollen dann strom- und wasserstoffbasierte Lösungen dienen. Dr. Bernhard Lorentz ist Consulting-Leiter Nachhaltigkeit und Klima bei Deloitte. Er warnt vor neuen Gasförderprojekten, die auf den hiesigen Markt abzielen. Wenn die Prognosen der Untersuchung zuträfen, bestehe „die Gefahr, dass diese Projekte aufgrund der Nachfrageentwicklung scheitern werden“. Wenn die Politik dennoch Gasförderprojekte unterstützen wolle, sei auf klare Konzepte zu achten. Es müsse deutlich werden, wie eine spätere Umrüstung – etwa hin zu Wasserstoff – möglich ist.
Werden hunderttausende Leitungen überflüssig?
Unter den deutschen Straßen verlaufen Gasleitungen mit einer Gesamtlänge von etwa 550.000 Kilometern. Über die Rohre werden Industriebetriebe, Gaskraftwerke und Millionen Privatheizungen versorgt. Laut Angaben der Betreiber liegt der Wert dieses Netzes bei etwa 270 Milliarden Euro. Wenn sich die Prognosen von Deloitte bewahrheiten, dürfte in den nächsten Jahren ein immenser Wertverlust drohen.
Über die Zukunft dieser Leitungen wird es noch Diskussionen geben. Dabei kommen grundsätzlich nur 2 Optionen infrage: stilllegen oder weiternutzen. Die Leitungen könnten noch hilfreich sein, wenn sie für den Transport von Wasserstoff weitergenutzt werden. Dazu gehen die Expertenmeinungen jedoch auseinander. Noch ist nicht eindeutig geklärt, ob die Rohre durch den Wasserstoff angegriffen werden. Da Ausgrabungen einen zu großen Aufwand bedeuten, werden die Leitungen aller Voraussicht nach unter der Erde belassen.