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Deutschland setzt auf Wasserstoff: Neue Kraftwerke und Umlage für Verbraucher
Im Jahr 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Die Bunderegierung fokussiert sich daher zunehmend auf Wasserstoff, um fossile Energieträger wie Erdgas und Kohle abzulösen. Damit gehen allerdings hohe Kosten einher, die unter anderem von den Verbrauchern getragen werden müssen.
Neue Gaskraftwerke und Umlage angekündigt
Die Bundesregierung beabsichtigt, Gaskraftwerke zu modernisieren, sodass sie später mit klimafreundlicherem Wasserstoff betrieben werden können. Zudem ist der Bau neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke geplant. Insgesamt sollen nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 12,5 Gigawatt an Kraftwerkskapazität und 500 Megawatt an Langzeitspeichern ausgeschrieben werden. Die Gaskraftwerke sollen die Versorgung in Zeiten sichern, in denen nicht ausreichend Energie durch Wind und Sonne produziert werden kann.
Mit diesen Plänen könnte allerdings eine neue Umlage für Stromverbraucher einhergehen. Dabei machen Steuern, Abgaben und Umlagen bereits heute fast ein Drittel des Strompreises aus. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ist die Höhe der Umlage noch nicht klar. Allerdings habe die Politik von einer „kleinen Nachkommastelle“ gesprochen. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck haben Verbraucher aktuell jedoch nichts zu befürchten: „Wir reden jetzt von den Zeiträumen in den 30er-Jahren. Und dann wird man sehen, wie man den Strompreis von anderen Umlagen befreit.“
Was bringt das Kraftwerkssicherheitsgesetz?
Das Vorhaben ist Teil der Kraftwerksstrategie, auf die sich die Bundesregierung Anfang Juli geeinigt hat. Es soll gesetzlich im Kraftwerkssicherheitsgesetz verankert werden. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) befürwortet dieses Gesetz. „Der Zubau neuer flexibel einsetzbarer Kraftwerke ist Voraussetzung für den Kohleausstieg“, wie Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, erklärt.
Darüber hinaus fördere das Gesetz die bedeutende Nachfrage nach Wasserstoff und unterstütze somit die Planungssicherheit für das Wasserstoffkernnetz. Dieses soll bis 2032 entstehen und zunächst 10.000 Kilometer lang sein. Es soll wesentliche Wasserstoff-Standorte miteinander verbinden: große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore.
Aus Sicht des BDEW muss im Rahmen des Kraftwerkssicherheitsgesetzes allerdings auch die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bedacht werden. KWK bedeutet, dass in einem Kraftwerk elektrische Energie und nutzbare Wärme erzeugt werden. Die parallel zur Stromerzeugung produzierte Wärme kann beispielsweise in ein Fernwärmenetz eingespeist oder für Produktionsprozesse genutzt werden. Wasserstoff soll insbesondere in der Industrie und im Gewerbe eingesetzt werden, eignet sich aber auch für die Beheizung von Gebäuden.
Ausbau von Wasserstoff-Pipelines für Importe ebenfalls nötig
Eine kürzliche Studie von „Agora Energiewende“ und „Agora Industrie“ kam zu dem Ergebnis, dass große Mengen erneuerbaren Wasserstoffs aus europäischen Ländern nach Deutschland gebracht werden könnten. Voraussetzung dafür sei jedoch ein schneller Ausbau der notwendigen Pipelines. Etwa 60 bis 100 Terawattstunden grünen Wasserstoffs könnten bereits Mitte der 2030er-Jahre aus benachbarten Ländern importiert werden. Damit ließe sich ein wesentlicher Teil des von der Bundesregierung für 2030 angegebenen Neubedarfs an Wasserstoff und Derivaten decken, so „Agora“.
Simon Müller, Direktor von „Agora Energiewende Deutschland“, erklärt: „Für die Klimaneutralität braucht Deutschland eine sichere und kostengünstige Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff. Dafür spielen Pipelineimporte aus Europa eine entscheidende Rolle.“